Mitgefühl durch Meditation

Mitgefühl galt lange – besonders unter den von Männern dominierten deutschen Wissenschaftlern – als etwas Weibliches, dessen wissenschaftlicher Erforschung man mit Skepsis gegenüber stand. Die Sorge, der Kapitalismus brauche den Wettbewerb und Kampf als Leistungsmotivation mehr als ein Miteinander- und Füreinanderdasein, blockierte lange die Arbeit der Neurowissenschaftler. Die Professorin Tania Singer, Leiterin des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig, ist nun dabei, das zu ändern. Denn nach ihrer Doktorarbeit in Psychologie erkannte sie, dass ihr etwas Entscheidendes fehlte, um zu verstehen, wie sich Menschen verhalten: das Wissen darum, was im Hirn passiert – konkret: ein Studium der Neurowissenschaft. Als international anerkannte Professorin für „soziale Neurowissenschaft“ untersuchte sie in diesem relativ neuen Wissenschaftsfach auch, wie das Gehirn andere Menschen und deren Gefühle wahrnimmt. Und vor allem die Frage: Kann man Mitgefühl durch Meditation trainieren?

Reaktionsweisen ändern, Stress reduzieren, die Welt verändern

In Experimenten, belegt durch Hirn-Scans,, zeigte Singer, wie man die Motivation fürs Miteinander wie einen Muskel trainieren kann und wie sich dadurch Reaktionsmuster verändern und Stress, selbst unter Wettbewerbsdruck, abnimmt. Um Dankbarkeit, Liebesfähigkeit und soziale Motivation zu schulen, behauptet sie, muss man nicht mehr als zehn Minuten am Tag meditieren.

Das ReSource Projekt ist eine weltweit einzigartige, groß angelegte Studie zum mentalen Training mithilfe westlicher und fernöstlicher Methoden der Geistesschulung. Über einen Zeitraum von elf Monaten wurden interessierte Laien an ein breites Spektrum von mentalen Übungen herangeführt, mit deren Hilfe Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Körper- und Selbstgewahrsein, eine gesunde Emotionsregulation, Selbstfürsorge, Empathie und Mitgefühl sowie Perspektivübernahme trainiert werden. Insgesamt zielte das Training darauf ab, mentale Gesundheit und soziale Kompetenzen zu verbessern, um z. B. Stress zu reduzieren, mehr geistige Klarheit zu erlangen, die Lebenszufriedenheit zu steigern sowie andere Menschen besser verstehen zu lernen.

Es handelt sich um ein säkulares Programm, das mit einem Team von erfahrenen Meditationslehrern, Wissenschaftlern und Psychotherapeuten entwickelt wurde. Es wurde in Leipzig und Berlin durchgeführt und durchgängig von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften begleitet werden.

Das ReSource Projekt wurde initiiert von Prof. Dr. Tania Singer, Direktorin der Abteilung Soziale Neurowissenschaft am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und wird gefördert mit Mitteln des Europäischen Forschungsrats sowie der Max-Planck-Gesellschaft.

(Textauszug eines Artikels von Kristin Rübesamen auf yogaeasy.de, 2020)